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Rimba trifft Nyala

Was Rimba zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Er war zu einer Auffangstation für Orang-Utans gelangt.

„Warum sind hier so viele gerade, graue Äste, die zusammengesteckt sind?“, fragte sich Rimba. Er lief auf die seltsamen Äste zu und entdeckte einen kleinen Schatten, der dahinter hockte. Zunächst zögerte er, nahm dann aber all seinen Mut zusammen und lief näher.

Zeichnung von Felix Scholz: Rimba trifft Nyala.

Illustration: Felix Scholz

Der unheimliche Schatten entpuppte sich schließlich als ein kleines Orang-Utan-Mädchen. Als es Rimba sah, näherte es sich ebenfalls den Ästen.

Rimba, der zwischen Neugier und Angst hin- und hergerissen war, berührte vorsichtig die glatten Äste. Sie fühlten sich kalt an und waren so ganz anders als die Äste, die er kannte. „Wer bist du und … was sind das für seltsame Äste?“ fragte Rimba zögernd. „Solche habe ich noch nie gesehen.“ Das Orang-Utan-Mädchen antwortete: „Das sind die Gitterstäbe meines Käfigs. Ich heiße übrigens Nyala und das ist mein Zuhause. Und wer bist du?“ „Ich bin Rimba“, antwortete der kleine Orang-Utan. „Meine Mama und ich sind neu in der Gegend und da dachte ich mir, ich schaue mich mal um. Eigentlich muss ich auch schon los. Meine Mama wacht bestimmt gleich aus ihrem Mittagsschlaf auf und dann wird sie sich große Sorgen machen, wenn ich nicht da bin.“ „Können wir uns morgen wiedersehen?“, fragte Nyala. „Du bist sehr nett.“ „Ich versuche wiederzukommen.“, antwortete Rimba und verschwand im dichten Geäst des umliegenden Waldes.

Nyala grübelte noch eine Weile über den unerwarteten Besuch nach. Auch sie hatte eine Mutter gehabt. Doch wie die Mütter der vielen anderen Orang-Utans, die mit ihr in der Auffangstation lebten, war auch ihre Mutter getötet worden. Die Zweibeiner hatten sie erschossen, aus Angst, sie würde ihnen ihr Obst wegessen. Dabei waren sie es, die den Orang-Utan-Wald mit all seinen Früchten zerstört hatten. Nach dem Tod seiner Mutter lebte das kleine Orang-Utan-Mädchen in einem Dorf in einer kleinen Holzkiste. Anstelle von süßen Früchten und Blättern bekam es nur Küchenabfälle zu fressen. Irgendwann kamen dann andere Zweibeiner und holten sie aus der Holzkiste.

Seitdem lebte Nyala in der Auffangstation. Ihre Mama kam nicht mehr zurück. Doch jetzt kümmerten sich die Zweibeiner um sie und um die vielen anderen Orang-Utan-Kinder, denen es ähnlich ergangen war.

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